Melk

Die Melker Häftlinge

Auf Basis jüngster Forschungen sind heute 14.304 der Melker Häftlinge – ausschließlich Männer –, die im KZ-Außenlager Melk zur Zwangsarbeit eingesetzt waren, namentlich bekannt. Sie stammten aus weit über 30 verschiedenen Ländern und hatten an die 40 unterschiedliche Muttersprachen. Die größten nationalen Gruppen bildeten Häftlinge aus Polen (ca. 27,8 Prozent) gefolgt von Ungarn (ca. 24,2 Prozent), der Sowjetunion inkl. Russland (ca. 16,5 Prozent), Frankreich (ca. 11,6 Prozent), „Deutsches Reich“ inkl. Österreich (ca. 6,2 Prozent), Italien (ca. 4 Prozent), Griechenland (ca. 3 Prozent) und Jugoslawien (ca. 2,5 Prozent).

Die in Melk zur Zwangsarbeit eingesetzten Häftlinge waren zu fast 41 Prozent aus politischen Gründen ins KZ eingewiesen worden, waren also sogenannte Schutzhäftlinge und trugen den roten Winkel. Fast ebenso viele Melker Häftlinge (ca. 40 Prozent), waren von der Lager-SS als jüdisch kategorisiert und somit aus rassistischen Gründen ins KZ eingewiesen worden. Die drittgrößte Gruppe stellten die „Zivilarbeiter“, die hauptsächlich aus der Sowjetunion (inkl. Russland) kamen. Insgesamt wiesen die rund 14.400 Melker KZ-Häftlinge 13 verschiedene Haftkategorien auf.

Sämtliche Häftlinge wurden auf Anforderung der zahlreichen ausführenden zivilen Firmen, wie etwa der Steyr-Daimler-Puch AG, zur Zwangsarbeit in den Stollen des "Projekts Quarz" in das Außenlager Melk transportiert, wobei die Mauthausener Kommandantur die von der Rüstungsindustrie geforderte Zahl von Zwangsarbeitern zeitweise gar nicht stellen konnte. Dies führte unter anderem dazu, dass mit Fortdauer des Lagerbestehens das Kriterium der „Arbeitsfähigkeit“ immer mehr in den Hintergrund rückte und im Jänner 1945 sogar 121 Kinder im Alter von neun bis 14 Jahren zur Zwangsarbeit nach Melk überstellt wurden. Obgleich aufgrund der extrem schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen Monat für Monat hunderte Häftlinge starben oder wegen „Arbeitsunfähigkeit“ ins Hauptlager Mauthausen zurück überstellt wurden, stieg die Zahl der Häftlinge in Melk per Ende Jänner 1945 auf mehr als 10.000 an. Zum Vergleich: Die Stadt Melk zählte zu Beginn des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1939 insgesamt 4.670 Einwohner, per 1. Jänner 2017 beträgt die Einwohnerzahl 5.390 Personen.

Melker KZ-Häftlinge, angetreten auf dem Appellplatz im Schutzhaftlager, Foto NARA, Kurt Zalud, April 1945.

Die Überlebenschancen der einzelnen Häftlinge im Lager hingen primär von rassistischen Kriterien ab, nach denen die Lager-SS ihr Verhalten den Häftlingen gegenüber differenzierte. Während sich KZ-Häftlinge deutscher Herkunft am oberen Ende der Skala befanden, gefolgt von Häftlingen aus nord- und westeuropäischen Ländern sowie Polen und der Sowjetunion, fanden sich am unteren Ende – ungeachtet ihrer nationalen Zugehörigkeit – jüdisch kategorisierte Häftlinge, Roma und Sinti sowie sogenannte „Asoziale“. In den auf Rüstungszwangsarbeit ausgerichteten Außenlagern wie Melk gab es in dieser Skala eine gewisse Durchlässigkeit, sofern die betroffene Person über besondere berufliche Qualifikationen verfügte. So hatten Facharbeiter tendenziell bessere Positionen innerhalb der Lagergesellschaft als Hilfsarbeiter.